Wenn du Unternehmer:in bist oder ein Unternehmen führst, musst du regelmäßig Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Doch wann genau diese Zahlung fällig wird, hängt davon ab, ob du der Sollbesteuerung oder der Istbesteuerung unterliegst. Der Unterschied klingt zunächst technisch – hat aber konkrete Auswirkungen auf deine Liquidität.
In diesem Artikel erklären wir die Unterschiede, zeigen Beispiele und helfen dir zu entscheiden, was besser zu dir passt.
🧾 1. Die Grundfrage: Wann wird Umsatzsteuer fällig?
Bei der Umsatzsteuer gibt es zwei Besteuerungsarten:
| Besteuerungsart | Maßgeblich ist … | Steuer entsteht … |
|---|---|---|
| Sollbesteuerung | Zeitpunkt der Rechnungsstellung | sofort – unabhängig von Zahlung |
| Istbesteuerung | Zeitpunkt des Zahlungseingangs | erst bei tatsächlicher Zahlung |
📌 2. Sollbesteuerung (Regelfall)
Was bedeutet das?
- Die Umsatzsteuer wird bereits dann fällig, wenn du die Rechnung schreibst – auch wenn dein Kunde noch gar nicht gezahlt hat.
- Du musst die Umsatzsteuer bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt abführen – egal, ob Geld geflossen ist oder nicht.
Beispiel:
- Du stellst am 15. März eine Rechnung über 5.000 € netto + 950 € USt
- Der Kunde zahlt erst am 20. April
- Du musst bis zum 10. April die 950 € Umsatzsteuer zahlen
- Das heißt: Du finanzierst die Steuer vor, obwohl du das Geld noch gar nicht hast
Vorteil:
- Übersichtliche buchhalterische Behandlung (Zahlung und Leistung sauber trennbar)
Nachteil:
- Liquiditätsrisiko, besonders bei langen Zahlungszielen oder Zahlungsausfällen
✅ 3. Istbesteuerung (auf Antrag möglich)
Was bedeutet das?
- Die Umsatzsteuer entsteht erst, wenn dein Kunde tatsächlich zahlt.
- Du führst die Steuer also zeitgleich mit dem Geldeingang ab – nicht vorher.
Beispiel:
- Du stellst am 15. März eine Rechnung über 5.000 € netto + 950 € USt
- Der Kunde zahlt am 20. April
- Du meldest und zahlst die Umsatzsteuer erst im April (bis zum 10. Mai)
Vorteil:
- Liquiditätsvorteil: keine Vorfinanzierung, Steuerzahlung läuft parallel zur Einnahme
Nachteil:
- Etwas mehr Verwaltungsaufwand (z. B. saubere Verbuchung von Zahlungseingängen notwendig)
🎯 4. Wer darf die Istbesteuerung nutzen?
Nicht jedes Unternehmen kann einfach zwischen Soll- und Istbesteuerung wählen. Für die Istbesteuerung brauchst du einen Antrag beim Finanzamt – und du musst bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Voraussetzungen für Istbesteuerung (Stand 2025):
- Jahresumsatz im Vorjahr ≤ 600.000 €
- oder: Freiberufler:in nach § 18 EStG (z. B. Designer:innen, Entwickler:innen, Coaches)
- oder: Land- und Forstwirtschaft
- Keine Buchführungspflicht (Bilanzierung)
Wenn du bilanzierungspflichtig bist (z. B. als GmbH mit Umsatz über 600.000 €), ist die Sollbesteuerung verpflichtend.
🔄 5. Was bedeutet das für deine Liquiditätsplanung?
| Aspekt | Sollbesteuerung | Istbesteuerung |
|---|---|---|
| Steuer fällig bei … | Rechnungsstellung | Zahlungseingang |
| Liquiditätsrisiko | Hoch – Vorfinanzierung nötig | Gering – Steuer wird „mitverdient“ |
| Planungskomplexität | Niedrig | Etwas höher |
| Anwendung | Standard / automatisch | Nur auf Antrag |
In der Liquiditätsplanung müssen Unternehmen mit Sollbesteuerung die Umsatzsteuerzahlungen als Fix-Ausgabe im Folgemonat einplanen – unabhängig von offenen Forderungen. Wer dagegen Istbesteuerung nutzt, kann die Steuerabflüsse synchron zum Geldeingang planen – was realitätsnäher und risikoärmer ist.
🧠 Fazit: Was ist besser?
| Wenn du … | Dann ist sinnvoll: |
|---|---|
| geringe Umsätze hast | ✅ Istbesteuerung |
| lange Zahlungsziele bieten musst | ✅ Istbesteuerung |
| viel mit offenen Forderungen arbeitest | ✅ Istbesteuerung |
| bilanzierungspflichtig bist | ❌ Nur Sollbesteuerung |
| hohe Planungssicherheit brauchst | 🤝 Hängt von Software + Prozessen ab |
📌 Tipp
Die Istbesteuerung kann gerade für Selbstständige und kleine Unternehmen ein echter Liquiditäts-Booster sein.
Wer berechtigt ist, sollte den Antrag stellen – formlos beim Finanzamt oder direkt über Elster.
✍️ Bonus: Antrag auf Istbesteuerung
Der Antrag kann formlos beim Finanzamt gestellt werden und muss enthalten:
- Steuernummer
- Bezug auf § 20 UStG („Antrag auf Istbesteuerung“)
- Begründung / Hinweis auf Umsatzgrenze oder Freiberuflichkeit
👉 Alternativ kann der Antrag bei Neugründung auch direkt im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung gestellt werden.